Ehrenamt – Engagement für eine bessere Welt

Beatrix Sabo im Gespräch mit Birgit Beck

Birgit Beck zählt zum Urgestein der örtlichen christlichen Basisbewegungen. Ausgezeichnet wurde sie u.a. 2005 mit dem Preis für „Zivilcourage – Einspruch wagen“ (Pax Christi) für ihr Engagement für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. In der Anti-Apartheid-Bewegung, dem Widerstand gegen die geplante WAA in Wackersdorf, dem Ökumenischen Netz Bayern war sie ebenso unermüdlich aktiv wie im Kampf gegen die Ausbreitung von AIDS in Südafrika.

Wie sind Sie zum Ehrenamt gekommen?

Nach Umzug vom 100-Seelendorf im Bayrischen Wald in die „große Stadt“ bin ich in den christlichen Jugendverband CVJM innerhalb der evangelischen Kirche eingetreten und bin gleich zum Ehrenamt gekommen. Mit 16 gründete ich dort die erste Kindergruppe. Das machte mir viel Spaß, ich konnte die Kinder begeistern und die Eltern überzeugen. So wuchs auch der Wunsch nach Ausbildung zur Jugendleiterin, den Jugendpfarrer Helmuth Göhring förderte und unterstützte. Mit 21 Jahren war ich mit dann Dekanatsjugendleiterin (1965 -1970) ! Die Ausbildung und dann die Arbeit  mit den Jugendlichen, die Teilnahme am den Evangelischen Kirchentagen,  wie der 1969 in Stuttgart mit dem Thema „Hunger nach Gerechtigkeit“, veränderten mein Denken und meine Interessen stark. Ich war als Jugendliche streng fromm und nicht interessiert an sozialen oder politischen Fragen. Doch die jungen Leute, die Begegnungen mit StudentInnen aus anderen Ländern, besonders den „Entwicklungsländern“ öffneten mir die Augen. Ich wurde immer politischer und kritischer aufgrund der praktischen Erfahrungen auch meiner Kirche gegenüber. Als 1979 über 70 südafrikanische und namibische schwarze, geflüchtete junge Leute nach Regensburg zur Berufsausbildung kamen, (Abkommens Bundesregierung mit ANC), gründeten einige evangelische Frauen  und MitarbeiterInnen des Evangelischen Bildungswerks zusammen mit einigen Geflüchteten den Arbeitskreis Südliches Afrika. Dies war der Ausgangspunkt für das Apartheidsystem (von der UNO als Verbrechen gegen die Menschlichkeit deklariert) in Regensburg mit vielerlei kreativen Informationen und Aktionen: „Kauft keine Früchte aus Südafrika“, Bankenboykott. Das erzeugte viel Anfeindungen und Schwierigkeiten für das Evangelische Bildungswerk in der Öffentlichkeit und auch in der Kirche. Doch die Solidarität war auch groß von Jugendverbänden, Schulsprechern (wie Joachim Wolbergs) PolitikerInnen (Landtagsabgeordnete Christa Maier), usw.

Welche Ereignisse waren für Sie am eindrücklichsten?

  1. Der Evangelische Kirchentag in Stuttgart 1969 mit heftigen Diskussionen mit Ministern wie Hermann Höcherl und die Auseinandersetzungen in der eigenen Kirche, als die Evangelische Frauenarbeit 1978 den Früchteboykott gegen Südafrika beschloss und gegen die Kirchenführung durchzog.
  2. Meine erste vierwöchige Reise 1986 nach Südafrika mit der Evangelischen Frauenarbeit Bayern zusammen mit Lore Gollwitzer und 2 weiteren Frauen. Viele Gesprächspartner saßen im Gefängnis, andere sprangen ein, um uns die Situation im Land (es herrschte Kriegsrecht) zu zeigen. Der Mut der Frauen, auch der Verantwortlichen im  Südafrikanischen Kirchenrat, die trotz Polizeigewalt, Durchsuchungen, Einschüchterungen die Anliegen der Bevölkerung in der Öffentlichkeit vertraten, beschämten mich und machten mir Mut auch zuhause entschieden für die Unterdrückten einzutreten.
  3. Wackersdorf Es war klar, dass ich bei den Demos und Aktionen mit vielen anderen mitmachte. Ich war oft am Bauzaun, wir hielten Gottesdienste und Andachten am Marterl. Solche Aktionen  und viele andere konnte und kann man auch heute nur gemeinsam, vernetzt organisieren und durchführten.
  4. In den 90er Jahren kam Engagement für Geflüchtete dazu. Wir vermieteten dem ersten anerkannten Flüchtling in Regensburg eine Wohnung in unserem Haus. Daraus entstanden Freundschaften, ein immer weiterer Blick, weiteres Engagement zum Organisieren von Demonstrationen gegen die Anschläge und immer mehr verschärften Asylgesetze, auch gegen den Krieg im Irak , usw.
  5. Eine junge schwarze Frau als Freiwillige für 1 Jahr in die Evangelischen Gemeinde St. Lukas und Evangelischen Jugend. Ein wichtiger Schritt- auch für die Familie – war die Einladung an eine uns unbekannte, junge schwarze Frau in unserer Kirchengemeinde und in unser Zuhause, damit sie in der Evangelischen Jugend ein einjähriges Praktikum machen konnte. Viele junge Leute aus dem reichen Norden gingen, nachdem Südafrika frei und Mandela Präsident war, nach Südafrika um ein freiwilliges soziales Jahr zu machen. Sie konnten es sich leisten. Bischof Tutu bat um die gleichen Chancen für ihre jungen Leute. Das verstand ich gut und organisierte das. Das war verbunden mit dem Wohnen bei uns, kostenfrei mit Taschengeld und dem Organisieren von festen Aufgaben, um neben dem Deutschlernen vielseitige Lernerfahrungen zu ermöglichen. Das war nicht immer konfliktfrei, wir haben viel gelernt, es war aber auch spaßig und sehr bereichernd. Mpumi Mncwabe war und ist nun schwarze Tochter und schwarze Schwester.
  6. Die gemeinsame Aktion vom Regensburger Aktionsbündnis gegen Aids – RAgA mit der längsten Aidsschleife der Welt. Das war ein tolles Erlebnis! Über 800 Leute haben gestrickt, gehäkelt, zusammengenäht usw. Nach einem Jahr haben wir den Dom mit 1500m roten Schals umrundet und 1 Jahr später 12 000 Euro für die Projekte der veranstaltenden Organisationen verkauft. So viele haben mitgemacht! Junge und Alte, es war einfach beeindruckend. Nur gemeinsam, geht da das.

Was bewegt Sie sich weiter ehrenamtlich zu engagieren?

Die Notwendigkeit zu verändern, die Gesellschaft menschlicher zu gestalten. Zukunftschancen zu geben. – Ich habe selbst solche Chancen bekommen! – Dafür bin ich sehr dankbar! Das Miteinander mit anderen Engagierten, an gesellschaftlichen und sozialen Fragen interessierten Menschen. Die Freude daran, die Herzlichkeit, auch die Bestätigung, Wertschätzung und Bereicherung. Die Begegnung mit den Menschen in Südafrika, den Geflüchteten. Ich kann soviel von ihnen lernen. Gegen Einsamkeit und Selbstmitleid, wenn es einem mal nicht so gut geht. Das alles erlebe ich weiter in dem Projekt ELONWABENI von der KinderAIDShilfe Südafrika, bei dem ich seit 2002 mitarbeite und es tun werde, solange ich kann. Ich weiß, da ist meine Hilfe, sind meine Erfahrungen und Kontakte nötig und es macht mich froh.

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