Frauen können es genauso und manchmal sogar besser

Zum 6. Mal jährt sich der „Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“, der 2015 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen wurde. Er soll darauf hinweisen, welche entscheidende Rolle Frauen in Wissenschaft und Technologie spielen.

Marie Curie mit ihrem offiziellen Nobelpreisfoto 1911

Denken wir an Frauen in der Wissenschaft, so fällt als erstes Marie Curie ein. Die Polin, der als Frau am Ende des 19. Jahrhunderts ein Studium im eigenen Land nicht möglich war, ging nach Paris an die Sorbonne. Hier wurde sie eine anerkannte wissenschaftliche Kollegin von Henri Becquerel und ihrem späteren Ehemann Pierre Curie. Bereits mit 36 Jahren erhielt sie anteilig den Nobelpreis in Chemie und 1911, 8 Jahre später für ihre Entdeckung der Radioaktivität den Nobelpreis für Physik.

Was für eine Leistung, aber nicht, weil sie eine Frau war! Das Bewundernswerte daran war, dass sie zu der damaligen Zeit als Frau ihren Wunsch, ihre Wissbegierde und letztendlich ihr Wissen durchgesetzt hat. Damals war ein Studium für Frauen in Europa nahezu unüblich, teilweise sogar verboten. Frauen haben erst seit gut 100 Jahren Zutritt zu den Universitäten bekommen. Anfangs war der Anteil der Studentinnen sehr gering, weil das Verständnis in der Gesellschaft fehlte und sie schlicht und ergreifend nicht die Voraussetzung mitbrachten, da Mädchen in der Regel gar keine höheren Schulen besuchten. In Regensburg erinnert am Petersweg die Aufschrift „Mädchen Lyzeum“ an die ursprüngliche höhere Töchterschule, was später das Von-Müller-Gymnasium wurde und noch bis 1976 eine reine Mädchenschule blieb.

Der Eingang des ehemaligen Von-Müller-Gymnasiums am Petersweg https://www.regensburg.de/fm/464/vmg-1933-1936.pdf

So ging Bildung damals! Man trennte Jungen und Mädchen räumlich, erzieherisch und inhaltlich. Mädchen lernten in ihrer Ausbildung, selbst am Gymnasium, viele praktische Dinge, die dazu ausgerichtet waren, später einen Haushalt zu führen. Die Naturwissenschaften waren den Jungen vorbehalten. 1972 hat die USA ein Verbot der Bildungsdiskriminierung erlassen.

In den letzten 50 Jahren hat sich viel getan, umso verwunderlicher ist es, warum es seit 5 Jahren einen Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft braucht. Immer mehr Mädchen machen Abitur. Sie haben die besseren Abschlüsse und nehmen gerade in Numerus Clausus Fächern, den Männern rare Plätze weg. Blicken wir auf Regensburg. Seit Jahren liegt hier der weibliche Anteil an der Universität bei ca. 60%. Die Uni Regensburg erklärt den hohen Wert u.a. mit dem sehr  hohen Anteil an Lehramtsstudiengängen.  An der OTH ist das Verhältnis umgekehrt. Hier liegt der Frauenanteil bei 40%. Das scheint an den dominierenden MINT Fächern (Mathemathik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) zu liegen. Diese liegen dem weiblichen Geschlecht angeblich nicht so sehr. Die Uni Regensburg und OTH möchten z.B. mit den „MINT Girls Regensburg“ auf natur- und ingenieurswissenschaftliche Studiengänge neugierig machen. Die Teilnehmerinnen erproben sich in gleichgeschlechtliche Gruppen in MINT Fächern. Das soll die Hürde senken und den Einstieg erleichtern.

Eva Schmid, 23-jährige Masterstudentin in Physik an der Uni Regensburg ist manchmal erstaunt über die Reaktionen, weil sie sich für das Studium der Physik entschieden hat. Das reicht von Bewunderung bis Unverständnis. Innerhalb der Uni fühlt sie sich im Masterstudiengang, der männlich dominant besetzt ist (geschätzt 85%), nicht als Exotin. Sie sieht hier als Frau sogar Vorteile. Es kommt gut an, auch bei den Professoren, die gerne bei Vortragsreihen Frauen sprechen lassen. Frauen fallen hier mehr auf, wecken bei anderen Interesse und gelten für die Lehre als Vorbild. Sie freut sich, dass man ihr bereits eine Promotion in Aussicht gestellt hat, was ihre Berufschancen sicherlich steigert. Das größte Problem sieht sie in der Familienplanung und hofft, wenn es bei ihr einmal soweit sein wird, ihr Partner sie in ihrer Berufstätigkeit unterstützt. Denn gerade in den Naturwissenschaften schreitet die Entwicklung extrem schnell voran und „Frau“ kann hier nicht lange pausieren.

Wissenschaft braucht die besten Köpfe.

Dieses Beispiel von Eva verdeutlich, warum immer noch viel Forschungspotenzial verschenkt wird, da zu wenige hochqualifizierte Frauen in der Forschung arbeiten. Kinder sind oft ein Karrierenachteil und viele qualifizierte Frauen schaff(t)en es dann nur bis zur mittleren Verantwortungsebene. Das UNESCO-Institut für Statistik erhebt regelmäßig Daten zum Frauenanteil in der Wissenschaft. Weltweit liegt der Frauenanteil bei 29,3 Prozent, im südlichen und westlichen Asien bei nur 18,5 Prozent. In Europa hatten 2016 nur vier (süd-) osteuropäische Länder Parität der Geschlechter, Deutschland liegt innerhalb der EU mit 28 Prozent Frauenanteil knapp vor dem Schlusslicht Niederlande.

Zum letzten statistischen Mess-Stichtag (01.12.2017) waren an der Uni Regensburg nur 15,5 Prozent der Professuren mit Frauen besetzt. Absolut bedeutet es 50 Professorinnen und 264 Professoren. Man erkennt schon lange, dass die Schere vor der Promotion aufgeht, was folglich bewirkt, dass am Ende weniger Frauen habilitieren.

Die Deutsche UNESCO-Kommission und L’Oréal Deutschland vergeben in Partnerschaft mit der Christiane Nüsslein-Volhard-Stiftung jährlich drei Förderungen von jeweils 20.000 Euro zur Förderung exzellenter Doktorandinnen und Postdoktorandinnen mit Kindern. In dieser Lebenssituation unterbrechen gerade in Deutschland viele Forscherinnen ihre vielversprechenden Karrieren.

Christiane Nüsslein-Volhard (+1972), Entwicklungsbiologin am Max-Planck-Institut in Tübingen, erhielt 1995 als bisher einzige deutsche Frau anteilig den Nobelpreis für genetische Forschung im Bereich Embrionalentwicklung.

Die Universität Regensburg und OTH haben ebenfalls eine Reihe von Förderprogrammen für Nachwuchswissenschaftlerinnen aufgelegt, da man die Notwendigkeit erkannt hat, für exzellente Wissenschaftlerinnen Anreize zu schaffen.

In der Arbeitswelt der freien Wirtschaft kommt „Frau“ mehr und mehr an. Große Konzerne in Regensburg wissen um den Wert und bemühen sich mit flexiblen Elternmodellen. Dazu ist die Automobilbranche zu dynamisch um lange pausieren zu können. Bei der Einstellung hält man sich an die allgemeine Quote für DAX Unternehmen und so heißt es bei gleicher Qualifikation: gerne Frau! Dies gilt ebenso für Führungspositionen, auch in Teilzeit.

Text: Claudia Fritsch

Fotonachweise:

Marie Curie –> MC  Von Fotograv. – Generalstabens Litografiska Anstalt Stockholm – http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/chemistry/laureates/1911/marie-curie.html, published in 1912 in Sweden in Les Prix Nobel, p. 64, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18253364

Portal Lyzeum https://www.regensburg.de/fm/464/vmg-1933 -1936.pdf

Titelbild –> whatsappquotesx.blogspot.com

Christiane Nüsslein-Volhard –> Wikipedia File:Christiane Nüsslein-Volhard mg 4372.jpg

2 Kommentare

  1. dazu fallen mir noch ein paar Punkte ein, die die amerikanische Psychotherapeutin Amy Morin einmal gesagt hat:
    „Frauen verschwenden keine Zeit mit Selbstmitleid
    Frauen verschwenden keine Energie für Dinge außerhalb ihrer Kontrolle
    Frauen, machen nicht denselben Fehler wieder und wieder
    Frauen nehmen anderen Menschen Erfolg nicht übel
    Frauen geben nicht nach dem ersten Scheitern auf
    Frauen erwarten keine sofortigen Ergebnisse“…….

  2. Danke für den Beitrag. Viel zu selten wird dieses Thema – eins, das unsere Zukunft noch entscheidend prägen wird – auf Regensburg heruntergebrochen. Super!

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