Applaus ist das Brot des Künstlers

So einfach und billig lässt sich Leidenschaft darstellen! Aber was ist, wenn nicht einmal mehr Applaus erlaubt ist?

Kulturschaffende haben es aktuell besonders schwer. Hätten Sie eben was „Gescheites“ gelernt! Am besten einen systemrelevanten Beruf und natürlich im Angestelltenverhältnis! Dann wäre der ganze Lockdown nur halb so wild, der Staat würde mit Kurzarbeitergeld helfen und die Firma retten. Doch die Realität sieht eben anders aus. Aber war es nicht immer schon so in unserer Gesellschaft? Musik als Rahmenprogramm ist schön, für viele Veranstaltungen, Bälle, Galas oder Hochzeiten unerlässlich. Nur kosten sollte sie halt nicht viel. Hier wird schon immer gerne gespart und gefeilscht. Hand auf’s Herz! Könnten Sie morgen in einer Band oder einem Orchester aushelfen? Sehen Sie, das ist der kleine feine Unterschied!

Die Ausbildung zu einem guten fundierten Musiker, der später einmal davon leben möchte, ist ein langer Prozess. Er/sie spielt im Optimalfall sein Instrument virtuos und beherrscht die Harmonielehre und diese Ausbildung beginnt in der Regel schon im Kindesalter mit dem Instrumentalunterricht.

Fragen wir Markus Fritsch, Musiker, Bassist und Dozent am Music College in Regensburg

Wie viele Jahre investiert ein Musiker bis er sein Instrument gut bis sehr gut spielt?

Das dauert je nach Übungsfleiß mindestens sieben Jahre, eher zehn Jahre. Doch auch danach ist es nicht vorbei mit der täglichen Übung. Man muss immer weiter und regelmäßig üben, sonst „schlafen“ Muskeln, Sehnen und Nerven ein. Außerdem lernt man ständig hinzu, bei Proben, Konzerten und beim Unterrichten. Man darf nicht stehen bleiben, sondern muss neue Techniken und Trends in der Musik verfolgen und auf seinem Instrument neu erarbeiten.

Ein Instrument muss eigentlich (fast) jeden Tag geübt werden. Wie motiviert man sich oder Schüler in Corona Zeiten?

Die Motivation ist das Schwierigste in solch „traurigen“ Zeiten mit wenig oder gar ohne Hoffnung und Ausblick auf baldige Konzerte, Tourneen, CD-Aufnahmen u.ä..  Als Lehrer kann man seinen Schüler*innen zwar immer empfehlen: „Nutze gerade diese ereignislose Zeit zum Üben, Komponieren, Arrangieren und Produzieren“. Doch umso länger die Zeit des Lockdowns dauert, desto schwieriger wird es für jeden, tagtäglich den inneren Schweinehund zu besiegen und sich mit viel Selbstdisziplin zum Üben zu zwingen.

Wie sieht die Auftragslage für 2021 aus? Sind es nur Verschiebungen oder auch Neuaufträge?

Es sind vor allem aufgeschobene und verschobene Festengagements aus 2020, die in 2021 hoffentlich stattfinden (sollen). Viele Veranstalter und andere kommerzielle Kunden wie Firmen, Büros, Praxen oder auch öffentlich-rechtliche Institutionen sind nach wie vor sehr vorsichtig. Von tatsächlichen Neubuchungen für 2021 kann derzeit weniger die Rede sein. Wenn, dann sind es nur Anfragen und Reservierungen mit vielen ???

Welche Auswirkungen haben die Ausfälle auf die nächsten Jahre?  

Die Einnahmeverluste für Live-Musiker und Live-Künstler aller Art sind gewaltig. Die Gagen für Konzerte und Tourneen aus 2020 gehen für viele gegen Null. Viele müssen von Erspartem, Krediten oder Corona-Hilfe leben. Der Einkommensausfall lässt sich auf Jahre nicht kompensieren.

Die Einnahmeverluste für Komponisten, Texter und Arrangeure, die auch Einnahmen dadurch generieren, in dem sie ihre eigenen Songs bei Auftritten spielen, sind ebenfalls sehr groß und gehen ebenfalls gegen Null. Keine Konzerte = keine Einnahmen durch Urheberrechte.

Ebenso schwer getroffen sind Komponisten, Texter und Arrangeure, die für andere Künstler und Interpreten schreiben. Durch die abgesagten Live-Konzerte kommen hier ebenfalls keine Tantiemen an. Einzig Künstler, Komponisten, Texter und Arrangeure, deren Werke viel „airplay“ haben, sprich häufig in Radio und TV gespielt werden, werden etwas weniger Einnahmeverluste haben. Die GEMA geht derzeit davon aus, dass die Urhebergesellschafen weltweit in 2020 einen Einnahmerückgang um ca. 35% haben werden. Diese Gelder kommen zeitverzögert in 2021 und 2022 bei den Urhebern (Komponisten, Texter, Musikverlage) an. D.h. sie müssen sich auf geringere Einnahmen einstellen.

Diana Ross sagte einmal „Musik ist eine Reflexion der Zeit, in der sie entsteht. Sind wir gespannt, was Komponisten aus Corona machen.  

2 Kommentare

  1. Bleibt nur zu hoffen, dass wir Kunst und Kultur in Zukunft mehr wertschätzen. Denn ohne diese Live-Szene wird’s echt öde in der Welt!

  2. Was für ein aufrüttelnder Artikel darüber, wie es den Kunst- und Kulturschaffenden im Moment ergeht. Markus‘ großartige Auftritte mit Steffi Denk & den Flexible Friends vermisse ich definitiv. Hoffentlich bis bald, wenn ihr wieder auf der Bühne stehen könnt!

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