Liegt man denn so falsch, wenn man sagt: „Die großen Konzerne stoßen sich unter dem Deckmantel der Krise gesund?“ Und spielt es überhaupt noch eine Rolle, von welcher Krise gesprochen wird?
Die Finanzkrise 2008 oder die Automobilkrise 2020! Wichtig ist, in Low-Cost-Ländern zu produzieren und die High-Performer zu reduzieren. Das hört sich aus Sicht eines Geschäftsmannes völlig legitim an, wenn gleich es auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen wird.
Blättern wir im 1×1 der „Wirtschaft für Anfänger“ finden wir folgendes zum Thema „Made in Germany“ (die Präsentation für jedes Management auf dem Silber Tablet): „20% bis 30% der Ware muss im Ursprungsland produziert worden sein – inklusive dem letzten Handgriff am Produkt. Selbst wenn wir nur von 50% sprechen, öffnet das doch Tür und Tor! Muss man sich dann noch wundern, weshalb sich so manche Geschäftsführung ihre eigene Welt baut – wie Pipi Langstrumpf?
Zurück in der Gegenwart 2020!
März – alle Betriebe schicken ihre Mitarbeiter in Mobil- Home- oder Smart-Office. Covid19 hat ganz Europa in Beschlag genommen und bereitet den Menschen Angst. Was hatten unsere italienischen Nachbarn Verluste! Das brach einem das Herz! Außerdem wurde medizinisches Material knapp! Wen wundert es, wenn ein Großteil der Produktion seit Jahren ins Ausland transferiert wird?
In allen Social Media Kanälen schrieb und verbreitete man: „Ja! Wir haben alle aus dieser Situation gelernt!“
Love, Peace und Umarmung selbstredend nur noch virtuell – aber es schien in der Tat auch ein Wandel in den oberen Etagen statt zu finden. Die haben es jetzt doch auch mal verstanden. Jedoch ließ Continental, respektive Vitesco nicht lange darauf warten, via Medien die Bürger Regensburgs wissen zu lassen: „Continental baut Produktion für Elektromobilität in China weiter aus.“ Chapeau, da haben sie doch schon wieder eine Lücke im System gefunden? Das war alles bereits im Vorfeld geplant? Kann man Pläne nicht ändern? Weshalb geht man nicht in Low-Cost-Länder der EU, derer wir auch genügend haben!
September – kommt da nicht erst mal jeder aus dem Urlaub nach Hause – sofern man ihn 2020 nicht eh in den eigenen vier Wänden verbracht hat? Man liest die städtische Zeitung ggf. im Nachgang und bekommt dann den redaktionellen Hammer auf die 12!
2100 Mitarbeiter: Die Regensburger Belegschaft der Continental & Vitesco soll um ein Viertel reduziert werden! Ziel: Ende 2024! Da ist nun nicht nur ein Virus, das den Menschen Schrecken bereitet, sondern zusätzlich die Existenzangst! Was ist schlimmer? Eine Entscheidung muss nicht gefällt werden, denn Continental & Vitesco schnüren ein All-inclusive-Paket!
Doch ist nun eine Grenze erreicht und die Mitarbeiter fangen an, sich zu wehren.
Organisatorische Handstände der IG Metall und des Betriebsrats der Continental & Vitesco machten es kurzfristig möglich, mit dem Autokorso am letzten Donnerstag Nachmittag ein erstes Zeichen zu setzen. Es waren alle Vertreter der IG Metall und Betriebsräte anwesend. Reden, die schlicht alles auf den Punkt brachten und Vorschläge, die bei der Kundgebung am P3 des Jahnstadions, mit Hupsalven und Applaus unterstützt wurden. Jürgen Scholz (IG Metall) sprach u.a. anderem von Arbeitszeit-Reduzierung für Arbeitsplatzerhalt. Gefolgt von Herbert Brücklmeier (BR Continental) der anmahnte, dass bisher noch keine Verhandlungen mit dem Betriebsrat und der IG Metall zur Lösungsfindung für den Gesamtkonzern geführt wurden. Thomas Schmidt (BR Vitesco) der auch ansprach, dass in egal welchen Krisen die Mitarbeiter immer motiviert geblieben seien. So auch Rico Irmischer (IG Metall), der die Vorredner dann noch übertraf.
Man sprach von den Vielfahrer-Autos mit dem Kennzeichen H. Die man nun ja auch reduzieren könnte, denn es finden keine Vielfahrten mehr statt, sprich keine Dienstreisen. Wenn ja – nur mit Sondergenehmigungen. Im Gegenteil jedoch würden die Zahlen der Vielfahrer steigen.
Dann war da noch der Verbrennungsmotor, der so schnell nicht vom Markt verschwinden würde und angesprochen wurde. Nach wie vor würde es Anfragen geben, weshalb sie nicht bedienen? Knowhow und Equipment sollte ja vorhanden sein!
Mit den Mitarbeitern der Continental & Vitesco zeigten sich viele Kolleg*innen aus großen und mittelständischen Firmen ebenso wie Vertreter von Wählerinitiativen und Parteien solidarisch. Besonders stolz konnte man auch auf die Anwesenheit der Rodinger Kollegen sein, die den Gang nach Canossa ja bereits hinter sich hatten und immer noch kämpfen.
Traurig hingegen war, dass die Stimme der Stadtspitze nur vom Band kam. Werden die Konzern-Mitarbeiter nun nur bemitleidet oder tritt man mit Tatkraft für sie ein? Geht man an den Runden Tisch? Tritt man Beteiligte an Stellen die ggf. schmerzen könnten? Leider kam das nicht klar rüber.
Im Sinne der Veranstalter Glück auf