Stellungnahme der Brücke-Fraktion zu aktuellen Ereignissen am Theater Regensburg

Nach Hilferufen zahlreicher Künstlerinnen und Künstler des Theater Regensburg sowie vieler Bürgerinnen und Bürger sehen wir uns zu folgender Stellungnahme bzw. Pressemitteilung veranlasst:

Der designierte Intendant des Theater Regensburg Sebastian Ritschel ist dabei bzw. hat bereits, zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Theater Regensburg aus allen Sparten zum Intendantenwechsel 2022/23 zu kündigen bzw. die Nichtverlängerung der Verträge auszusprechen. Bis zu 40 Personen des gesamten künstlerischen Personals sind davon betroffen.

Wir sind über dieses Vorgehen zutiefst bestürzt und empört.

Der neue Intendant macht von seinem durch die Kunstfreiheit gedeckten Recht Gebrauch, jeweils zum Intendantenwechsel ohne Begründung Kündigungen bzw. Nichtverlängerungen der Verträge aussprechen zu können. Er tut dies in einer Art und Weise, die jeglichen Respekt vor den Künstlerinnen und Künstlern des Theaters vermissen lässt. Zunächst eine Einladung zu einer Anhörung, dort der Verweis auf eine Vollmacht, kündigen bzw. nichtverlängern zu dürfen und wenige Tage später per Zusteller die Kündigung. Bei den Anhörungen geht es nicht etwa um gegenseitige künstlerische Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche, sondern ausschließlich um den Hinweis, rechtlich korrekt zu handeln, wenn zu einem Intendantenwechsel Kündigungen bzw. Nichtverlängerungen ausgesprochen werden würden.

Von den Kündigungen bzw. Nichtverlängerungen sind zahlreiche hoch verdiente und vom Publikum in Regensburg verehrte Künstlerinnen und Künstler betroffen, deren Existenzgrundlage in vielen Fällen massiv gefährdet ist.

Die Allmacht eines Intendanten, gerade dann, wenn ein Intendantenwechsel ansteht, wird zunehmend deutschlandweit als völlig sinnfrei und überholt betrachtet, wenigstens dann, wenn dies ohne gegenseitigen Austausch und in so hoher Zahl geschieht, wie dies nun in Regensburg bevorsteht. Wir halten diese Allmachtstellung eines Intendanten, der damit eine Existenzzerstörungmacht besitzt, grundsätzlich für falsch und deren Anwendung in Regensburg für nicht gewollt. Derartige Allmachtstellungen sind in Deutschland in anderen Bereichen, bei denen es auch und besonders um öffentliche Förderkulissen geht, nirgends sonst vorhanden. Allein aus dem Verfassungsrang der Kunstfreiheit derartige Macht über Einzelschicksale herzuleiten, mag juristisch in Ordnung sein, menschlich und politisch aber unter keinen Umständen. Und in jedem Falle nicht gewollt, zumindest nicht von uns hier in Regensburg und unserer festen Überzeugung nach auch nicht von den vielen Theaterfreundinnen und -freunden in unserer Stadt.

Neben der Existenz vieler Künstlerinnen und Künstler setzt der Intendant damit eine in vielen Bereichen ganz besondere, von gegenseitiger Wertschätzung geprägte Beziehung zwischen dem Regensburger Publikum und dem Theater sowie seiner Akteure grundlos aufs Spiel und zerstört diese.

Offensichtlich wurde bei der Auswahl des neuen Intendanten von Seiten des Auswahlgremiums kein Wert darauf gelegt, zu hinterfragen, wie der jeweilige Kandidat denn gedenke, mit Bestandspersonal umzugehen und offensichtlich war dies auch nicht Bestandteil eines Anstellungsvertrages. Diese Nachlässigkeit kritisieren wir scharf.

Wir fordern den designierten Intendanten mit allem Nachdruck dazu auf, dieses unwürdige „Schauspiel“ umgehend zu beenden, den Kahlschlag sofort zu stoppen und Kündigungen bzw. Nichtverlängerungen auf ein absolutes und im Einzelfall begründetes Minimum zu reduzieren, insbesondere soziale Härtefälle zu berücksichtigen.

Wir fordern die Verwaltungsratsvorsitzende und Oberbürgermeisterin dazu auf, diesem Treiben des Intendanten umgehend einen Riegel vorzuschieben und sich gegenüber dem Personal des Theaters klar solidarisch zu positionieren.

Wir fordern den Verwaltungsrat und die Verwaltungsratsvorsitzende darüber hinaus dazu auf, Vorschläge zu unterbreiten, zukünftig Mitgestaltung- und Mitbestimmungsmöglichkeiten des Personals im Theater zu implementieren und deren Wirksamkeit sicherstellen. Dazu gehören neben einem festen Sitz für den Personalrat im Verwaltungsrat des Theaters weitere Mitgestaltungsmöglichkeiten für die einzelnen Sparten.

Die Regensburgerinnen und Regensburger bitten wir darum, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit den gekündigten bzw. nichtverlängerten Künstlerinnen und Künstlern solidarisch zu zeigen und dem designierten Intendanten gegenüber dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten klar zum Ausdruck zu bringen.

Joachim Wolbergs

-Fraktionsvorsitzender-

3 Kommentare

  1. Theater Regensburg – Intendantenwechsel

    Kritik gegenüber den letzten Intendanten Neuendorf von Enzberg hätte ich auch begrüsst. Sexistisches Mobbing und Aufforderungen zur sogen. „Freien Liebe“, ich zitiere da einen Ex-Kollegen, waren an der Tagesordnung.
    Daß das Staatstheater Meiningen seit dem Jahr 2021 sich so nennen darf und trotzdem einen
    2B-Chorgagenstatus aufweist, wird auch nicht gesehen. Alles scheint in einen blendenden Licht, – und die unangenehme Seite eines Intendantenwechsels sind zwar eine traurige Erscheinung, aber unter N. v. E. war es auch nicht besser.

    Enttäuscht bin ich, das ich als Ex-Mitarbeiterin, die man mit exzessiven Mobbing zur Krankenhausreife brachte, nur mit einer geringen Abfindung von 12000€ nach 30 Jahren Mitgliedschaft im Opernchor abspeisen konnte. Vielleicht haben Sie, Herr Wollbergs, damals meinen Hilferuf per Email gar nicht erhalten?

    Wie das nicht genannt wollende Ensemblemitglied sagt, – der Ruf kann so geschädigt sein, das es echt schwierig werden kann.
    Bei mir ist das schon längst so. Auch wenn ich bei Ihnen auch nicht beliebt, sondern verrufen bin, – wenn wundert’s -, das Outcastdasein ist keine nette Erfahrung. Mit Hartz4 stocke ich meine Finanzen als Selbständige (Vocal Coach) auf und es ist wirklich hart.

    Solidarität habe ich nie erfahren, – ich wurde regelrecht in einen psychischen Ausnahmezustand gemobbt -, allerdings war der ehem. Intendant Herr Ernö Weil fair zu mir.
    Leider gab es schon in der Zeit von Intendantin List die Nötigungen und Beleidigungen, die mich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs brachten. Und es gibt genug Opfer dieser Methode, – ich bin nicht die Einzige.

    Ich wünsche mir, daß das Establishment nicht eine Erwartung eines Arbeitstils des 19. Jhds im Auge hat. Manchmal scheint das doch sehr.
    An der Münchner Hochschule standen zwei Professoren wegen solchen Attitüden vor Gericht. Bis dahin hat es aber Jahrzehnte gedauert und die angebliche Liberalität, – die viele offensichtlich mit Libertinität am Theater oder Musikhochschulen verwechseln -, geht im Druck der oft sehr schlechten Arbeitsbedingungen unter.

    MeToo wird sehr wahrscheinlich nie ein Thema für Regensburg und das Theater sein, auch wenn es dort oft gebrodelt hat.
    Mit offenen Augen das Theater lieben, ohne die negativen Seiten auszublenden, und fair zu handeln, das halte ich für selbstverständliche politische Aufgabe.

    Selbst bin ich nicht begeistert von meinem verrückten Enfant terrible Ruf, doch ein Weggang aus der Situation ist mir aus finanziellen Gründen nicht möglich. Ohne ausreichende Abfindung mußte ich gehen, – nicht geschätzt und keiner hatte etwas dagegen.
    Wie hätte ich mich gefreut, wenn sich jemand für mich eingesetzt hätte.

  2. Das ist sehr schade für die Künstlerinnen und Künstler! Ich drücke die Daumen, dass alles fair geregelt wird, damit die neue Spielzeit mit positiver Energie starten kann!✨
    Melanie ( Schauspielerin)

  3. Als regelmäßiger Theaterbesucher kann ich die Kritik der Brücke in allem Punkten unterstreichen. Es ist ein Gebot der Fairness und der inneren Haltung, den Kulturschaffende am Regensburger Theater, eine solide Basis für ihre künstlerische Gestaltung zu bieten. Das Theater Regensburg hat durch seine vielfältigen Inszenierungen mit den aktuellen Künstler:innen immer einen sehr wichtigen kulturellen Beitrag in Regensburg geleistet.
    Um so wichtiger wäre es jetzt, wenn sich endlich die Oberbürgermeisterin für einen attraktiven Fortbestand dieser und anderen Kulturstätten sowie ebenfalls für die „geschassten“ Theaterleuten einsetzen würde.
    Damit könnte sie sicherlich ihr Image etwas aufpolieren.

    Bernd Gräf
    Köfering

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