von Bea Szabo
Höher, kleiner, flexibler, dichter? Wie sieht die Zukunft der Städte aus?
Noch zu viert oder schon allein? So oder ähnlich könnte man in Regensburg die Wohnsituation bezeichnen. Regensburg ist laut Statista mit etwa 55 Prozent eine der Städte mit den meisten Single-Haushalten. Damit liegt Regensburg deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von rund 46 Prozent. Deutschlandweit leben inzwischen in nur noch 9 Prozent der Haushalte 4 Personen. Laut statistischem Bundesamt wird in Zukunft jede zweite Person in einem Einzelhaushalt leben.
Der Grund: die Verschiebungen in der Altersstruktur und die zunehmende Individualisierung. Sowohl die jungen Erwachsenen, als auch die Senioren sind die typischen Repräsentanten der Alleinfamilienhaushalte. In Regensburg wird dieser Trend noch verstärkt durch die Sogwirkung des guten Leben, der Uni und der Schönheit der Stadt.
Die Politik sieht sich durch die Zunahme der Singlehaushalte vor neuen Herausforderungen. Trotz aller Initiativen der Stadt ist es immer noch schwer, bezahlbaren Wohnraum in Regensburg zu finden. Gerade bei kleineren Wohnungen fallen die Quadratmeterpreise höher aus. Gefragt sind daher Wohnkonzepte wie Micro-Living, Co-Housing oder Wohnverwandtschaften, die bezahlbaren Wohnraum für junge wie alte Singles bieten. In Zürich und anderen Städten sind solche zukunftsweisenden, platz- und geldsparenden Projekte bereits entstanden.
Wohngemeinschaften – Co-Housing
Der Trend geht zwar zum Single-Haushalt, aber wollen wir alleine leben? Teilen setzt sich immer mehr durch – Car-Sharing, Co-Working, Co-Gardening – führt im Bereich des Wohnens zur Idee des Co-Living (Wohnverwandtschaften (eine Form der Wohngemeinschaft, Co-Housing). Es bringt Menschen zusammen, die solidarisch leben, wohnen und arbeiten möchten. Jüngere, Ältere, Alleinerziehende und Menschen mit Handicap unterstützen sich gegenseitig. Einkaufen, Kochen, kleine Reparaturen, Kinderbetreuung, gemeinsamer Dachgarten, Hobbyraum oder Fuhrpark vom Kinderfahrrad bis zum Kleintransporter. Die Mischung macht’s also, Wohngemeinschaftsfeeling mit Privatsphäre. Der private Wohnraum schrumpft, Gemeinschaftsflächen schaffen Mehrwert.
Welche alternativen Wohnkonzepte gibt es in Regensburg?
„Zum Teil gibt es Wohngemeinschaften, aber die sind aus einer privaten Initiative heraus entstanden. Es bräuchte jemanden, der solche Projekte steuert“, berichtet Anton Sedlmeier, der Leiter des Amtes für Stadtentwicklung in Regensburg. „Es gibt bereits einzelne Gebäude mit Gemeinschafts-Dachterrassen oder -räumen, aber nicht nach dem Prinzip der Wohngemeinschaften. 1990 gab es bereits eine Initiative eines Architekten, so etwas ins Leben zu rufen. Aber schon allein Grundstücke zu finden ist ein enormer Aufwand“. Wer entwickelt neue Wohnkonzepte und hat Visionen?
Tiny – wir leben klein und denken groß
Wohnen mit dem Notwendigsten in kleinen möblierten Wohneinheiten mit 14-32 qm, für junge Menschen und diejenigen, die nicht in Wohnverwandtschaftsverhältnissen leben wollen. Diese Wohnungen sind durch verschiebbare Wände, Einbauschränke und Betten extrem effizient nutzbar, allerdings in Deutschland noch nicht sehr verbreitet. Tiny- und Containerhäuser sind selbst auf dem Land noch eine große Ausnahme. In der Stadt könnten solche Microhäuser Baulücken oder Flachdächer nutzen, werden aber wenig zur Entspannung des gesamten Wohnungsmarkes leisten.
Vor allem private Immobilienanbieter und Genossenschaften fangen an, neue Konzepte des Wohnens zu entwickeln. In Regensburg wurden von der NaBau in Burgweinting Gemeinschaftsflächen und Wohnungen mit Wohnverwandtschaftscharakter bereits umgesetzt. Die Stadtbau darf Micro-Living im sozialen Wohnungsbau nicht anbieten, denn das Wohnraumförderungsrecht läßt alternative Wohnungen in dieser Größe nicht gelten. Tiny wohnen auf 20 qm können damit nur Privatinvestoren bieten. Ein Problem dabei: die Preise wachsen nach oben. Genossenschaftliches Bauen und bauen in privater Initiativen mit beratender Unterstützung der Stadt mit klaren Preisbegrenzungen also? Laut Aussagen des 1. Vorsitzenden des Architekturkreises, Herr Rohloff, „…bräuchte die Stadt eine Agentur für Beratung, Begleitung und Informationen für Baugruppen und genossenschaftliche Bauprojekte“. Wäre das eine Perspektive?
Ausblick
Mit Nachverdichtungen, dem Überbauen von Supermärkten und Parkplätzen könnte dem innerstädtischen Wohnraumbedarf entgegen gewirkt werden. Das „Aufräumen“ von Leerstand, die Vermietung von Wohnungen über Anbieter wie AirbnB müssen zwingend überprüft und nach Möglichkeit eingeschränkt werden.
Und bei allen Projekten muss eines gelten. Die Stadt braucht Seele, die auch in neuen Wohnprojekten und Stadtteilen herrschen sollte. Kleinstgemeinschaftenmit guten Identifikationsmöglichkeiten, die Stadt in der Stadt mit Begrünung, Räumen und Plätzen auf denen man sich begegnen kann.
Die Stadt braucht Wohnvisionen!
Quellen:
- https://www.deutschlandfunkkultur.de/architektin-margarete-schuette-lihotzky-mehr-als-die.1270.de.html?dram:article_id=467259
- https://tiny-houses.de/
- http://www.microliving.de/microliving
- https://www.otto.de/reblog/cohousing-39533/
- https://www.cohousing-berlin.de/de
- http://docplayer.org/36756878-Wohnverwandtschaften-plus.html